Hamburg, Staats- und Universitätsbibl., Cod. 84b in scrin.
Der Codex 84b in scrinio der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg ist ein Exemplar des um 1474[1] von Lucas Brandis[2] in Lübeck gedruckten niederdeutschen Psalters (GW M36237).[3] Der Kodex stammt aus dem Bestand des Hamburger Beginenconvents.[4]
Einband
Der Einband des Kodex konnte von mir sicher der Werkstatt des Hinrich Coster[5] in Lübeck zugeordnet werden (EBDB w000948). Es wurden folgende Stempel verwendet:
EBDB s014593 Greif, steigend
EBDB s014591 Ornament, drei Kreise
EBDB s014588 Rosette mit zwei Blattkränzen, fünfblättrig
EBDB s014587 Schwan
Auch die Schließen mit 'Lübecker Fensterlager' lassen sich eindeutig Hinrich Coster zuordnen.[6]
Hans-Walter Stork, der den Buchbinder noch nicht identifizieren konnte, hat bereits darauf hingewiesen, dass der Buchbinder Probedrucke des selben Druckes als Spiegel verwendet hat (25v und 249rv) und sich weitere Probedrucke dieses Druckes in Einbänden erhalten haben.[7] Wie ältere Beiträge von Adolf Schmidt [8] und August Wilhelm Kazmeier[9] aufgezeigt haben, hat Hinrich Coster sehr häufig Probedrucke von Lucas Brandis in seinen Einbänden verwandt.
Ursular Altmann nimmt an, dass Brandis Coster diese Druckmakulatur verkauft hat, bevor er Lübeck 1978 verließ, um zusammen mit dem Domvikar Bartholomaeus Ghotan in Magdeburg zu drucken.[10] Das auch von Altmann angegebene Druckdatum des niederdeutschen Psalters um 1474/1475 spricht allerdings gegen diese Annahme. Der Druck wurde sicherlich schon vor 1478 gebunden, zumal er auch nicht mehr in der niederdeutschen Bücheranzeige von Lukas Brandis (GW 05014, siehe Abbildung)[11] von 1478/79 aufgeführt wird und somit zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich bereits abverkauft war.
Literatur
Tilo Brandis, Die Codices in scrinio der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg 1-110 (Katalog der Handschriften der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg VII), Hamburg 1972, S. 138.
Quellenangaben
- ↑ Datierung nach dem GW. Der ISTC datiert auf "about 1475". Vgl: http://www.gesamtkatalogderwiegendrucke.de/docs/M36237.htm und http://istc.bl.uk/search/record.html?istc=ip01073800
- ↑ Zu Lucas Brandis siehe: Ursula Altmann, Die Leistungen der Buchdrucker mit Namen Brandis im Rahmen der Buchgeschichte des 15. Jahrhunderts, Diss., Berlin 1974, S. 29-34, 41-52.
- ↑ Zu diesem Kodex siehe: Horváth und Stork 2002, S. 28-29 (Nr. 5) mit S. 129f. und Brandis 1972, S. 138.
- ↑ Horváth und Stork 2002, S. 28.
- ↑ Zu Hinrich Coster siehe: Die Schwenke-Sammlung gotischer Stempel- und Einbanddurchreibungen nach Motiven geordnet und nach Werkstätten bestimmt und beschrieben von Ilse Schunke, fortgeführt von Konrad von Rabenau, Teil II: Werkstätten (Beiträge zur Inkunabelkunde III,10), Berlin 1996, S. 164f.
Dieter Lohmeier, Die Frühzeit des Buchdrucks in Lübeck, in: Alken Bruns und Dieter Lohmeier (Hg.), Die Lübecker Buchdrucker im 15. und 16. Jahrhundert, Buchdruck für den Ostseeraum, Heide in Holstein 1994, S. 11-53, hier S. 17,20 mit Anm. 29-31 [mit Angabe der älteren Literatur].
Jürgen Eyssen, hinricus Coster bant dit, Lübecker Einbandkunst des 15. Jahrhunderts in der Stadtbibliothek Hannover, in: Bibliothek und Wissenschaft 5 (1968), S. 74-84. - ↑ Vgl.: Georg Adler: Handbuch Buchverschluss und Buchbeschlag, Terminologie und Geschichte im deutschsprachigen Raum, in den Niederlanden und Italien vom frühen Mittelalter bis in die Gegenwart, Wiesbaden 2010, S. 89f mit Abb. 5-21.
- ↑ Horváth und Stork 2002, S. 28.
- ↑ Adolf Schmidt, Neue Funde von Probedrucken des Lukas Brandis in Lübeck in der Landesbibliothek zu Darmstadt, in: Nordisk tidskrift för bok- och biblioteksväsen 12 (1925), S. 93-106.
- ↑ August Wilhelm Kazmeier, Der Drucker der Melusine und Heinrich Coster, in: Gutenberg-Jahrbuch 1941, S. 98-117.
- ↑ Ursula Altmann, Die Leistungen der Buchdrucker mit Namen Brandis im Rahmen der Buchgeschichte des 15. Jahrhunderts, Diss., Berlin 1974, S. 31.
- ↑ Zu dieser Bücheranzeige siehe: Ursula Altmann, Die Leistungen der Buchdrucker mit Namen Brandis im Rahmen der Buchgeschichte des 15. Jahrhunderts, Diss., Berlin 1974, S. 50 mit Anm 352.
Marco Heiles