Die Chiromantia des Andreas Corvus ist eine lateinischsprachige Chiromantie, die aus einem Traktat- und einem Abbildungsteil besteht. Der Text beginnt mit den Worten Artem chiromanticam ab excellentissimo philosophorum.
Der älteste bekannte Druck der Chiromantia des Andreas Corvus wurde um 1506–1508 von Jean de Vingle in Lyon gedruckt. Für die Bestimmung des Druckers und der Datierung danke ich herzlich Martina Nickel (Staatsbibliothek zu Berlin). Die Zuordnung erfolgte aufgrund der Abbildungen bei Tenschert des heute in Amsterdam aufbewahrten Exemplars: Amsterdam, Allard Pierson Depot, PH3213 A. Ob das von Rhodes beschriebene Exemplar London, British Library, C.155.n.12.(1-5.) ebenfalls aus dieser oder einer anderen Ausgabe des Jean de Vingle stammt, bleibt mangels Bildmaterials offen.
Der Text der Chiromantia selbst ist älter und kursierte schon vor dem Druck der ältesten bekannten Ausgabe. Nach Thorndike 1941, S. 55 grenzt sich Bartolomeo della Rocca (gen. Cocles) im sechsten Buch seiner Anastasis mehrfach von Andreas Corvus ab, den er auch namentlich erwähnt. Corvus Chiromantia muss also vor diesem 1504 erschienen Text von Cocles und dessen Tod im selben Jahr entstanden sein.
Seit der Ausgabe von Johann Albrecht (Straßburg 1534, USTC 615212) wurde die Chiromantia des Andreas Corvus nicht mehr eigenständig, sondern zusammen mit der Physiognomie des Bartolomeo della Rocca (gen. Cocles) zusammen herausgegeben, was in den bibliographischen Arbeiten der folgenden Jahrhunderte einige Verwirrung um die Zuschreibung der Texte und die Identität der Autoren ausgelöst hat (vgl. Rhodes 1966). Noch heute sind die Autorenangaben im USTC und in anderen Datenbanken häufig fehlerhaft.
USTC 615213: Absolutissima ratio chiromantiae Barptolomaei Coclitis Bononiensis, naturalis philosophiae ac medicinae doctoris, physiognomiae et chiromantiae compendium
Der chiromantische Teil des Druckes ist Andreas Corvus' Chiromantia.
USTC 684030: Physiognomiae epitome, olim à Barptolomeo coclite Bononiensi conscriptum, cum absolutissima chiromantiae ratione Andreae corui mirandulani, nunc vero recens, summa diligentia, cum pluribus distinctum et completum capitibus, tum à foedis repurgatum mendis prodit in lucem per I. Multagrum
Der chiromantische Teil des Druckes ist Andreas Corvus' Chiromantia.
Lynn Thorndike, A History of Magic and Experimental Science. Bd. 5. The sixteenth century, New York 1941, S. 55–56.[16]
Lynn Thorndike und Pearl Kibre, A Catalogue of Incipits of Mediaeval Scientific Writings in Latin, Revised and Augmented Edition (The Mediaeval Academy of America Publication 29), London 1963, Sp. 146 A.
Theodor Musper, Das Original des Titelholzschnittes von Andreas Corvo’s ›Chiromantia‹. In: Gutenberg-Jahrbuch (1944/49), S. 126f.
Gino Sabattini, Bio-bibliografia chiromantica. Bibliografia di opere antiche e moderne di chiromanzia e sulla chiromanzia con notizie biografiche sui principali autori. Reggio Emilia 1946, S. 25–29.
Dennis E. Rhodes, The biobliography of Andrea Corvo, in: Gutenberg Jahrbuch (1966), S. 152–155.
↑ 1,01,1Für die Bestimmung des Druckers und der Datierung danke ich herzlich Martina Nickel (Staatsbibliothek zu Berlin). Ihre Angaben beruhen auf den Abbildungen in: Heribert Tenschert, Incunabula (Katalog 24). Rotthalmünster 1991, S. 398-403 (Nr. 94).